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Dezembermond - SZN-245130
29.10.2011
ONLINE-MAGAZIN
Literatur/Lyrik


Dezembermond

Ich bin DEINE und gehe, wohin Du mich führst.

Sie spurt vor mir. In frisch gefallenem Schnee, der wie ein schweres Tuch die Landschaft bedeckt, strebt sie in ruhigen, bedächtigen Schritten dem Waldessaum zu. Als sei alles in Watte gepackt, ist kaum ein Laut zu hören, unsere Schritte nur, hier und da noch das leise Piepsen eines Wintervogels oder das Knacken eines Astes im Unterholz. Der Schnee knirscht unter unseren Füßen. Die flache Nachmittagssonne hatte ihn nass und breiig werden lassen, doch jetzt erstarrt er im Frost. Das verbliebene Restlicht ist von bleischwerem Graugrün, drohend und schwarz heben sich die Silhouetten der Bäume vom Himmel ab. Es hatte den ganzen Nachmittag vor sich hin geschneit. Ich stand am Fenster und blickte den wirbelnden, tanzenden Flocken nach, bis sie sich wortlos ankleidete, mir Jacke und Rucksack zuwarf und mir zu folgen bedeutete.

Ich stolpere hinter ihr her. Die Leine, die ihre Faust mit meinem Hals verbindet, erschwert mir die Balance, jeder Ruck bringt mich beinahe zum Straucheln. Der Karabiner schlägt hart und eiskalt gegen mein Kinn. Vor einer Stunde noch muss hier ein Läufer vorbeigekommen sein, begleitet von einem ziemlich großen Hund, doch hat der Neuschnee seine Spuren schon fast wieder verschlungen. Mich fröstelt. Ich ziehe die Schultern hoch und versuche, mein Gesicht vor der Kälte zu schützen, doch die Leine hindert mich daran.
Der Wald ist abweisend, feindlich und schwarz. Mächtig bauen sich die alten, knorrigen Bäume vor mir auf, recken drohend ihre Äste, scheinen mit bizarren Klauen nach mir zu greifen und mich an der Flucht, ja an jeder freien Bewegung zu hindern. Ich starre nach unten, achte auf jeden meiner Schritte, hoffe, nicht in eine ihrer heimlichen Fußangeln zu geraten, die sie heimtückisch unter dem Schnee verstecken. Ungeduldig zieht sie an der Leine, wie ein kleiner, verschreckter Hund haste ich ihr nach, um sie nicht noch mehr zu verärgern.

Ich kenne diese Lichtung, auf der sie stehenbleibt. Im Sommer tanzen Lichtstrahlen zwischen Blättern und Zweigen, blühen Königskerzen und der Fingerhut, wächst im Schatten Gras und dichtes Moos. Von all dem ist nun nichts mehr zu sehen, nur trockenes, zerbrochenes, erfrorenes Kraut und die mächtigen, nackten Stämme, ein Baumgefängnis. Sie greift nach dem Rucksack, bedeutet mir, Jacke und Shirt abzulegen und hinüberzugehen zu einem der Stämme. Wie ich es dutzendmal getan habe, wende ich mein Gesicht dem Baum zu, lehne meine Hände gegen den Stamm und warte. Ein eisiges Gefühl kriecht meine Wirbelsäule empor und ich spüre, es ist nicht nur das Wetter.

Ich brauche mich nicht umzuwenden, um zu wissen, was sie tut. Ich brauche nicht hinzusehen, wie sie den Rucksack öffnet und die lange Peitsche herausholt, die wir sonst liebevoll die Große Anna nennen; es gibt nämlich auch eine kleine. Sie wird sie langsam durch ihre Finger gleiten lassen und ich weiß, wie sich dabei ihr Blick verändert, wie ihre Augen ernst werden. Eine Weile steht sie da, tut nichts, richtet sich sehr auf, sieht mich nur an, ruhig, konzentriert. Und dann schlägt sie zu.

Es ist kalt. Mir ist kalt. Die Haut schmerzt vom Frost, die Muskeln sind steif, ihr Schlag lässt mich das Atmen vergessen. Noch einmal. Ich möchte in die Knie gehen, ausweichen, ein wütendes Zischen hinter mir: Jede Bewegung wäre fatal. Ich bin gebunden durch ihren Befehl und meinen Willen und muss standhalten, will ich vermeiden, dass mir Anna ins Gesicht fährt. Sie lässt mir keine Zeit, zwingt mir ihren Rhythmus auf, zwingt mich zu einem Pas de Deux aus Kälte und aus Schmerz. Mein Körper scheint sich zu zerteilen, ein glühender Leib, Füße, die sich bemühen, nicht wegzurutschen, mir fremd gewordene, steife Finger, die sich in gefrorene Rinde krallen. Ein Herz, das brennt, das sich ergibt. Schnee fällt von den Ästen auf mich herab, mischt sich mit meinem Schweiß, der mir trotz der Kälte den Rücken herunterrieselt. Ich zittere hemmungslos, weiß nicht, was schlimmer ist, die Kälte oder die Schläge; ich kämpfe, hadere, verzweifle, würde mich am liebsten einfach nur zusammenrollen, in den Schnee fallen lassen, will aber auch nicht aufgeben: Ich möchte so sehr vor ihr bestehen.

Es ist vorbei. Mein Körper, der mir nicht mehr gehört, dreht sich langsam zu ihr um. Dieser Blick, diese Geste sind mir so vertraut; sie bedeutet mir, vor ihr zu knien. Ich verstehe sie, aber der Körper will einfach nicht gehorchen, mein Gehirn ist in der Kälte erstarrt. Ich bleibe schwankend stehen, beobachte, wie sie langsam den Handschuh von ihrer rechten Hand zieht, sehe in diese Augen, die mich wie ein Bannstrahl halten und erwarte den Schlag in mein Gesicht. Und noch einmal. Mit einem Ächzen sacke ich zusammen und falle vor ihr in den Schnee. Erst auf die Knie und dann vornüber. Meine Hände wollen sich abstützen, aber da ist keine Kraft mehr, kein Gefühl. Sie drückt meinen Körper hinunter, ich atme hastig, verschlucke Schnee, huste, spucke, versuche mich aufzurichten, aber da ist ihr Fuß in meinem Genick und zwingt mich auf den Boden zurück, zwingt mich zum Stillstand, zur Ruhe. Und ich atme ein Loch in den Schnee, erst ein ganz kleines, dann ein immer größer werdendes, bis ich den Waldboden riechen kann. Ein Rinnsal läuft aus ihrem Stiefel über meine Haut, vermischt sich dort mit meinen Tränen, Rotz und Dreck.

Ihre Hand auf meiner Schulter. Ich richte mich auf, wie in Zeitlupe. Sie reicht mir meine Kleidung, die warme Jacke tut so gut. Ein Becher Kaffee, umkrampft mit steifen Fingern, ein wortloser Dank, aus rissigen Lippen geformt, ich zittere unkontrolliert, nicht nur vor Kälte, verbrenne mir den Mund beim Versuch, einen Schluck zu mir zu nehmen. Ihr Blick, so liebevoll und warm. Sie lächelt mich an, streichelt mein Gesicht, zupft mir ein Stück Rinde aus dem nassen Haar. Ich lehne mich an sie, vergrabe mein Gesicht in ihrer Jacke, weine haltlos; sie hält mich in den Armen, sicher, fest und geborgen, und dort bleibe ich, bis das Zittern aufgehört hat.

Sie spurt vor mir. Das Knirschen ihrer Schritte im frisch gefallenen Schnee klingt wie ein sicherer, vertrauter Rhythmus. Kaum ein Laut ist zu hören, wir sind allein in unserer eigenen Welt. Ein heller Mond kämpft mit mächtigen, schwarzumrandeten Wolken um einen Logenplatz und irgendwo kreischt eine verspätete Schar Krähen. Es riecht nach neuem Schnee. Die mächtigen Kronen der Bäume recken sich beschützend in die Höhe und retten uns vor dem eisigen Wind.

Allmählich lichtet sich der Wald. In der Ferne kann ich die ersten Lichter in den Fenstern der Häuser sehen, warm, golden und vertraut. Ich schreite schneller, um die Entfernung zwischen uns zu verringern, erreiche sie und nehme ihre Hand.

Ich bin DEINE und gehe, wohin Du mich führst.



© barefoot

Der Inhalt dieses Artikels gibt lediglich die Meinung und Ansicht des Autors wieder und muss mit der Meinung der Sklavenzentrale nicht unbedingt übereinstimmen.