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Rezension: "Sklavenjagd" - SZN-208891
08.04.2011
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Gewerbliches


Rezension: Tomás de Torres: „Sklavenjagd“

Eben habe ich das Buch "Sklavenjagd" beendet und weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Mein einziger Gedanke, schon nach wenigen Seiten des Buches bis hin zum Ende, war einfach nur Wow! Der neue SM-Thriller von Tomás de Torres ist wirklich ein Ausnahmeroman, wie man ihn zwischen anderen Romanen in dieser Wucht und Intensität nur selten in die Finger bekommt.

Dolores fährt nachts mit dem Auto durch eine verlassene Gegend, als plötzlich ein schwarzgekleideter Mann direkt vor ihren Wagen rennt. Sie kann nicht mehr ausweichen, ist geschockt, als nun eine nackte Frau kommt, am Leib lediglich eine Eisenkugel zwischen ihren gefesselten Händen, mit der sie das Unfallopfer erschlägt und dann wieder in der Dunkelheit verschwindet. Dolores ist schockiert und noch während sie sich fragt, was sie tun soll, trifft sie auf einen Polizisten, der ihr Stillschweigen gebietet.

Bald darauf erfährt sie von den Hintergründen: eine Gruppe von Menschen hält zu ihrem Vergnügen Sklavenjagden ab. Der oder die Gejagte muss freiwillig mitlaufen. Ein Jäger, ein Gejagter, keine Waffen, keine Hilfsmittel, Dauer von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Bei der ersten Jagd erhält der Läufer entweder 100 000 Euro oder muss für 24 Stunden dem Sieger dienen. Bei der zweiten Jagd winken bereits 1 Million Euro oder 7 Tage Sklaverei. Die dritte Jagd verheißt alles oder nichts: Zehn Millionen oder lebenslange Sklaverei.

Niemals würde Dolores sich an solch einer Aktion beteiligen. Doch bald gerät ihr Entschluss ins Wanken, was sind 100 000 Euro gegen einen einzigen Tag? Eine zweite Jagd würde sie niemals mitmachen. Also begleitet der Leser sie auf ihrer ersten Jagd. Aber es wäre wohl kein SM-Roman, wenn ...

Nun, zumindest dachte ich, dass mir die Handlung bereits klar wäre. Logisch, sie würde klipp und klar verlieren, schließlich muss ja irgendwo auch Sex vorkommen und Sklaverei. Und vermutlich würde sie sich in den Märchenprinzen verlieben, und vermutlich würde sie am Ende zwar die Jagd gewinnen aber dann mit dem Geld und dem Märchenprinzen freiwillig bis ans Ende der Tage...

Äh, ich hatte mich gewaltig getäuscht! Anfangs hielt ich es für einen romantischen SM-Titel, der das Motiv vom hässlichen Entlein und vom Märchenprinzen beinhaltet. Der ohne große Überraschungen einen klar vorab strukturierten Plot abhandeln würde, der Männer mit jeder Menge Sex und Frauen mit ein wenig Romantik und dem starken Helden auf dem weißen Pferd bedienen würde. Ich lag ja SO weit daneben!

"Sklavenjagd" ist in sehr vielerlei Hinsicht extrem untypisch. Die Handlung nimmt einen recht unerwarteten Verlauf, was ich hier nur zu gerne erläutern würde, aber das wäre unfair, ich möchte Euch nicht den Spaß nehmen. Aber auch Dolores ist ungewöhnlich tief beschrieben für einen Roman dieses Genres, ja sie entwickelt sich sogar weiter und reift an dem Erlebten. Und die SM-Anteile des Buches sind wirklich extremes Hardcore, sind dafür jedoch erstaunlich maßvoll und gut beschrieben, sodass sie auch denen gefallen, die extremen Szenen (inklusive Noncon) abgeneigt sind. Außerdem, was ich am erstaunlichsten finde: es ist SM pur, was in diesem Roman praktiziert wird, und trotzdem ist es eigentlich eher Nebensache, die Handlung an sich, die Entwicklung der Charaktere, das Empfinden der Protagonistin, die aufgeworfenen moralischen Fragen wiegen schwerer als der "erotische" Anteil (es fällt mir schwer, in diesem Zusammenhang des Buches von Erotik zu sprechen. Wie gesagt, gegen Ende verdient dieses Werk eindeutig den Stempel Hardcore, da ist nichts mehr mit Erotik).

Zu den Charakteren: ohne lästige Erklärungen, sondern direkt eingebunden in die Handlung, beschreibt Torres perfekt die Beziehung zwischen Dolores und ihrem Freund Jorge, und der Leser hegt schon auf der zweiten Seite eine tiefe Abneigung gegen den Mann, über den kaum ein Wort verloren wird. Die Protagonistin selbst wird dagegen genauer beschrieben, man kann sich sehr gut in sie einfühlen. Mag man sie anfangs noch für ein schüchternes, verklemmtes Weibchen halten, erkennt man nach und nach jedoch, wie sie sich im Laufe des Buches immer mehr emanzipiert. Sie ist bereit für eine Veränderung und stellt sich ihren Ängsten. Sehr oft fällt ihr Gedanke "das würde ich niemals tun", bis sie erkennen muss, dass es auch andere Seiten an ihr gibt (und dies bezieht sich, trotz des Themas SM, nicht alleine auf die Sexualität).

Die ersten 100 Seiten beinhalten fast keine erotischen Momente, abgesehen vom Pflichtsex und einer unschönen Szene mit Jorge. Und doch lässt der Autor bereits erkennen, was auf den Leser zukommen wird, und von der ersten Seite an kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Schon lange habe ich kein Buch mehr in diesem Tempo verschlungen und alles um mich herum vergessen. Und nun, nachdem es beendet ist, bin ich noch immer nicht ganz zurück, brauche ein wenig Abstand.

Ein gekonnter Kunstgriff des Autors ist es, dass er die wirklich schlimmen Dinge niemals ausspricht, sondern immer nur andeutet. Die SM-Szenen (nein, ich rede nicht von Sex, darüber ist dieses Buch weit hinaus, es handelt nicht von Sex, sondern von Macht) sind nur sehr kurz, lassen sich auf sehr wenige Seiten insgesamt reduzieren und sind dabei jedoch enorm intensiv. Durch das Andeuten wird das Kopfkino umso mehr aktiviert, wird der Sadismus des Jägers eindringlicher. Nicht das, was Torres schreibt, ist erregend und kickt den Leser, sondern das, was er nicht schreibt. Und an der wichtigsten Stelle des Buches, diejenige, von der ich vermutet hätte, dass sie wohl fast die Hälfte des Buches ausmachen würde, da schreibt er nur rund 25 Seiten.

Der Roman führt Dolores und auch den Leser in vielerlei Hinsicht an die Grenzen. Und dies auf eine Weise, die sehr viele Fragen offen lässt. Nein, es ist nicht gut. Nein, das würde man niemals tun. Und doch ertappt man sich, wie manch eine der Andeutungen gewaltig Lust macht. Nach der ersten Jagd wird die junge Frau an ihre Sexualität herangeführt. Nicht ganz freiwillig, aber doch sehr romantisch und sinnlich, und es stellt sich die Frage, inwieweit der Mensch einem eigenen Willen unterliegt, oder ob er doch nur ein manipulierbares Tier ist (was ist schon "freiwillig"?).

Doch Dolores ist noch immer der Ansicht, dass es die Würde ist, welche den Menschen von einem Tier unterscheidet. Ihr zweiter Jagdpartner will sie vom Gegenteil überzeugen, und die Frage nach Würde und Moral steht bis zum Ende ungelöst im Raum. Auch der Leser wird stellenweise an sich und seiner Moral zweifeln. Doch während es für Dolores bittere Realität ist, können wir uns beruhigt im Sessel zurücklehnen. Es ist nur ein Buch, und zum Glück wissen wir, dass wir so etwas niemals tun würden (wenn da nicht dieser kleine Stachel im Hirn säße, dieser leise Zweifel, dem wir uns nicht stellen wollen, und den wir nach der Lektüre dieses Buches wohl nicht so leicht wieder los werden können) ...

Obwohl das Buch sehr extrem ist, empfehle ich es sehr wohl auch den Lesern, die eher auf softe Romantik stehen. Einfach, weil es ein verdammt guter Thriller ist, den man aus vielen Blickwinkeln betrachten will. Wer will, sieht darin einfach einen erotischen Hardcore-SM-Roman. Und der andere sieht darin die spannende Schilderung über eine junge Frau, die über sich hinauswächst und den Begriff der Rache neu definiert. So oder so, "Sklavenjagd" ist ein Tipp, den man sich keinesfalls entgehen lassen sollte!



Bezugsinformationen:

Tomás de Torres : Sklavenjagd
Kartoniert, 236 Seiten
ISBN-13: 978-3936708752
erschienen im Marterpfahl Verlag 2010
Preis: EUR 19,00



© Text: Kitsune

© Buchcover: Marterpfahl Verlag
Der Inhalt dieses Artikels gibt lediglich die Meinung und Ansicht des Autors wieder und muss mit der Meinung der Sklavenzentrale nicht unbedingt übereinstimmen.